Freitag, 3. August 2012

Echtheit

Wenn Menschen mit uns in Kontakt treten, hoffen sie darauf, uns einschätzen zu können, weil sie immer eine mehr oder weniger vertrauensvolle Beziehung mit uns eingehen.
Wir erwarten uns von unserem Fleischhacker (österr. für Metzger) vertrauensvoll, dass die Waage, mit der er die bestellte Wurst wiegt, nicht gezinkt ist, damit wir auch den versprochenen Preis zahlen können. Wir erwarten, dass unser Partner uns ehrlich gegenübertritt, uns nicht betrügt. Wir erwarten, dass unsere Eltern uns beschützen, unser Chef das Gehalt pünktlich bezahlt, usw. Wir müssen gewissermaßen anderen Menschen vertrauen, sogar Menschen, die wir nicht persönlich kennenlernen, wie Finanzbeamten, Sachbearbeitern, etc.
Eine besonders vertrauensvolle Beziehung, die notwendig ist, um ein hilfreiches Gespräch zu führen, bedarf also eines Vertrages zwischen den Gesprächspartnern. Der Vertrag sieht folgendermaßen aus: „Ich vertraue mich Dir an, wenn Du mir versichern kannst, dass Du mir als echte Person helfen wirst.
Die Echtheit einer Person demonstriert ehrliches Bemühen, ein gemeinsames (Gesprächs) Ziel zu erreichen. Wird diese Echtheit nicht wahrgenommen, entsteht Misstrauen. Das Problem dabei ist: Manchmal wird Unechtheit – also das Gegenteil von Echtheit - nicht sofort wahrgenommen, weil sie gut kaschiert wird. Um Unechtheit zu verdecken, verwenden Menschen gerne gute Rhetorik, die verschleiernd wirken soll, indem sie mit deren Hilfe prekäre Situationen herunterspielen („Das mach ma schon...“) und dabei Beruhigung vortäuschen.
Am offensichtlichsten jedoch fallen Menschen durch Unechtheit auf, indem sie mit Statussymbolen etwas vortäuschen, was sie nicht besitzen – z. B. monetären Reichtum. Jeder von uns kennt sie und manchmal gehören wir selbst dazu.
Ein weiteres Beispiel für Unechtheit finden wir in der Unterschiedlichkeit von Zielen: Während der eine Gesprächspartner einen Job sucht, interessiert sich der andere nur dafür, jemanden kennenzulernen. Derjenige, der vortäuscht, verhält sich dabei dem Arbeitssuchenden durchaus als Hoffnungsträger. Erst später am Abend wird sich diese Unechtheit offenbaren.
Wir müssten große Menschenkenner sein, um Unechtheiten sofort entlarven zu können. Wir bräuchten dazu auch Zeit und Ruhe, die uns im Alltag oft fehlt, um jeder verdächtigen Spur nachzugehen. Und obwohl uns dabei unsere Intuition die größte Hilfe sein kann, verstellen wir ihr häufig den Blick durch gedankliche „Rationalisierungsmaßnahmen“ die wir uns wie ein Mantra vorsagen: „Das wird schon gehen“, oder „Das werde ich noch im Auge behalten“, oder „Das wird nicht passieren“ usw. Pessimismus oder grobes Misstrauen ist nicht immer angebracht, wenn wir in Beziehung treten, aber dennoch plädiere ich dafür, auf unsere „Innere Stimme“ zu hören, wenn sie sich meldet und sagt: „Ich weiß nicht, etwas stimmt nicht mit diesem Menschen, aber ich kann nicht genau sagen, was es ist“. Es genügt m. E. für den Anfang, der Spur der inneren Stimme sanft zu folgen und im Hintergrund die „Unechtheitssoftware“ laufen zu lassen, um im Bedarfsfall, also bei Verdachtserhärtung genügend wach zu sein. Dies hat noch einen weiteren Vorteil: Es schützt uns vor der manchmal überwältigenden Überflutung in Form eines Schocks, wenn sich das Image des betreffenden Menschen deutlich verändert, wenn er sich uns dann eines Tages offenbart.

Veränderung

Um in unserem Leben eine Veränderung zu erzielen, braucht es Aktionen auf zwei Ebenen. Die eine Ebene betrifft die Beeinflussung des Unbewussten durch Visionen. Der österreichische Ex – Bundeskanzler Vranitzky traf dazu einst eine herrlich falsche Aussage: „Wer Visionen hat, braucht einen Arzt“, meinte er mal launig. Vermutlich verwechselte er Visionen mit Halluzinationen, aber selbst diese bedürfen nicht immer einer ärztlichen Behandlung, das nur so nebenbei. Wer aber lediglich Visionen hat, braucht niemals einen Arzt, im Gegenteil. Visionen, also bildhafte Vorstellungen, betreffen häufig unsere Lebensziele. So stellen wir uns vor, wie es wäre, das ersehnte Wunschauto zu fahren. Wir stellen uns vor, wie es wäre, wenn wir den anzustrebenden Karriereschritt gemacht haben. Wir sehen uns dann im neuen Büro sitzen, mit neuen Aufgaben konfrontiert, erfolgreich und angesehen unter Kollegen, oder wir sehen uns bei der Clubfeier des Tennisvereins, nach einem Turnier mit dem Siegerpokal in Händen und nehmen Gratulationen entgegen. Dies sind alles Visionen. Sind sie stark genug, so treiben sie unser Unbewusstes an, um unser individuelles Ziel zu erreichen. Ganz gemäß den Gesetzen der Self – fulfilling Prophecy, wie in einem anderen Beitrag beschrieben. Die einzige Bedingung: Visionen müssen zu unserer Lebenswelt passen und dürfen keinesfalls mit unrealistischen Schwärmereien verwechselt werden. Die Vision etwa, in zwei Jahren mit Viktor Gernot verheiratet zu sein, bringt sie eher als Stalker (in) vor Gericht, als vor den Traualtar. Genauso verhält es sich mit der Vorstellung, wie Dagobert Duck im Geldspeicher zu baden. Eher noch werden sie Mitglied der Panzerknackerbande… Aber Spaß beiseite! Die Herausarbeitung realitätsnaher Visionen ist Arbeit und kann z. B. im Coaching geschehen. So motivieren wir uns quasi nebenbei und werden durch unser Unterbewusstsein angeleitet, entsprechende Handlungen zu setzen. Dies geschieht dabei in einer nicht steuerbaren Geschwindigkeit und oft über undurchschaubare Umwege. Jüngste Forschungsergebnisse deutscher Psychologen haben aber kürzlich ein Tabu gebrochen. Sie besagen, dass auch der eigene Wille eine große Rolle in der Veränderungsfrage spielt! Wir können uns also zwingen, uns zu verändern? Jawohl! Das muss nur gut geplant sein! Die berühmten Vorsätze spielen dabei eine wesentliche Rolle. Aber der Reihe nach. Der gute Vorsatz ist der Ausgangspunkt. Damit beginnt „volitionale Motivation“. Ein Beispiel: Silvester. Feierlaune. Genug Sekt ist getankt und so mancher sinniert ab 2.30 Uhr über das kommende Jahr. Kilos müssen weg, das Rauchen soll eingestellt werden, der Alkohol reduziert. Im Job will ich endlich mal „Nein“ sagen können, uswusf.
So weit so gut. Was Millionen Menschen mit allerlei guten Vorsätzen darauf tun, endet mit einer hohen statistischen Wahrscheinlichkeit im ….Nichts. Bis zum nächsten Silvester. Gut, möglicherweise tu ich jetzt einigen unrecht – manche schaffen sogar ein paar Kilometer joggend oder halten sich in den ersten beiden Wochen nach den Weihnachtsfeiertagen nahrungstechnisch noch zurück, weil die Gänse, Karpfen und die Kekse noch schwer im Magen liegen. Aber spätestens Anfang Februar sind auch diejenigen wieder im alten Muster. Am Ende ist wieder alles beim alten.
Dabei war der Ansatz gut! Zuerst muss ein Vorsatz da sein, wie die Kilos, die purzeln müssen. Und jetzt kommt der Wille ins Spiel. Die Vorsätze müssen auf die so genannte Handlungsebene gebracht werden – wir müssen etwas tun! Das Geheimnis liegt allerdings in den Schritten. Oft nehmen wir uns zu viele, zu große Schritte auf einmal vor und scheitern dann an der zu großen Aufgabe. Der Trick der volitionalen Motivation liegt darin, kleine, überschaubare Schritte zu tun, sich dazu aber täglich und mit Kontinuität zu zwingen, um dann zu einem weitern zu gelangen. Ein Beispiel: Raucher sollten vorerst nur versuchen, sich dazu zu zwingen, die Packung Zigaretten nicht zu berühren, das ist alles! Klingt banal? Ist es auch, aber vor allem – es ist erfüllbar im Gegensatz zu einem plötzlichem Verbot, nie wieder zu rauchen. Der Wille trickst dabei den Geist aus. Wir müssen lediglich unsere Hände kontrollieren, und das schafft jeder! Nach 30 Tagen ist es soweit! Die Veränderung durch Willenskraft ist eingetreten. Eine neue Spur ist gezogen. Zugleich arbeitet nach wie vor die Vision. Raucher stellen sich bildhaft vor, wie sie, befreit von ihrer Sucht unbeschwert, hustenfrei, frei von Kopfwehtabletten, gelben Fingern und schlechtem Atem durchs Leben gehen, ohne ständig auf der Suche nach der nächsten Raucherenklave a la Raucherbox am Flughafen zu sein und von allen vorbeigehenden Nichtrauchern angestarrt zu werden, wie ein Mensch zweiter Klasse.

Die Kombination also macht’s. Vision und Wille. Gut durchdacht und in erfüllbare Handlungsschritte umgesetzt – dann klappts auch mit der Veränderung! Hab’s selbst probiert. Ehrlich.

Mittwoch, 1. August 2012

Selbstwirksamkeit

Die Neurowissenschaften liefern uns fast täglich neue Erkenntnisse zum Thema Stressresistenz. Bewiesen ist: Werden Kinder möglichst frühzeitig altersgerechten bewältigbaren Stresssituationen ausgesetzt, wie z.B. dem selbständigen Finden vom Heimweg, dem Aushalten und aktiven Management von Konfliktsituationen (unter Gleichaltrigen), dem Üben von Geduld, etc. dann erlernen die Kinder schon sehr bald das konstruktive Umgehen mit Stress und sie bilden ihre ganz persönlichen „Abwehrzellen“. Im Erwachsenenalter sind sie dann erwiesenermaßen stressresistenter, weil sie gelernt haben Mittel und Wege zu finden, um täglichen Stress zu bewältigen. Sie lernten, proaktive Antikörper zu bilden, statt ungünstigen Situationen lediglich hilflos gegenüber zu stehen.

Der beste Abwehrmechanismus: Selbstwirksamkeit!

Selbstwirksamkeit bedeutet, die Kompetenz zu besitzen, die eigenen Belastungsgrenzen wahrnehmen zu können. So erkennen Menschen, die sich selbst als selbstwirksam erleben auch überfordernde Situationen früher als andere und steuern rechtzeitig dagegen, indem sie mit eigenen Mitteln versuchen, diese drohende Überforderung zu einer für sie bewältigbaren Herausforderung umzugestalten. Da wird z.B. bei beruflichen Projekten ausreichend lang über realistische Rahmenbedingungen verhandelt, anstatt das Projekt sofort inklusive Stolperfallen zu übernehmen. Gelingt diese Maßnahme nicht, setzen sie bewusst Grenzen und lehnen Projekte ohne die Angst ab, vor Kollegen als „schwach“ dazustehen. Menschen, die um ihre Selbstwirksamkeit wissen, sind nämlich stark unabhängig von der Beurteilung durch andere.

Selbstwirksamkeit ist auch im Erwachsenenalter bis zu einem gewissen Grad erlern- und trainierbar. Da helfen Fragen an sich selbst, wie z.B.: Welche Stärken habe ich? Wie stabil ist meine (psychische) Gesundheit? Bin ich offen für Neues? Habe ich Halt im Leben? Ein nächstes Ziel der Arbeit an sich selbst ist die „Schutzimpfung“, die Idealform der Stressvorbeugung. Gelingt das mit Hilfe von Selbsttraining, so befinden wir uns in einem Zustand der „aufmerksamen Gelassenheit“. Mit dieser Einstellung sind wir uns der Höhen und Tiefen des Lebens gewahr, ohne sie fürchten zu müssen.

Sonntag, 29. Juli 2012

Analyse - Diagnose - Therapie

Der Dreischritt Analyse- Diagnose - Therapie ist im Konfliktmanagement professionell. Allzu häufig wird der Fehler begangen, von einer "Kurzanalyse" zur Therapie zu springen und damit eine ausführliche Analyse und Diagnose des Konflikts zu überspringen. Im Alltag entpuppen sich dann manche als "Beratungsweltmeister". Beratungsweltmeister wissen schon alles nach einer kurzen Erzählung. Deswegen sind sie ja "Weltmeister". Ein Beispiel: Die Partnerin kommt nach Haus und erzählt von Schwierigkeiten im Büro. Der (potentielle) Lebenabschnittspartner agiert nun unaufgefordert als Beratungsweltmeister: Er schlägt gleich mal vor, zu kündigen. Damit ist die Sache für ihn erledigt. Jetzt geht es nur mehr um die Umsetzung...Die Partnerin hat aber nicht im Traum daran gedacht zu kündigen! Ihr liegt viel am Job, an den KollegInnen. Beleidigt zieht der Beratungsweltmeister ab. Er ist enttäuscht.
Kennen Sie das? Im Konfliktmanagement geht es zuerst einmal ums genaue Zuhören, es geht darum, hilfreiche Information zu gewinnen, in weiterer Folge das Umfeld zu analysieren und erst dann an Therapien, Lösungen, etc. zu denken. Der Analyse und der Diagnose muss viel Raum gegeben werden. Beratungsweltmeister sein ist halt leicht, Konfliktmanagement dagegen nicht. www.zajer.at

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Dieser Blog stellt Wissen und Gedanken zur zwischenmenschlichen Kommunikation und zum Leben zur Verfügung. Ich bewerte auch Seminarhotels, deren Gast ich als Trainer war. Restaurants sind auch dabei, allerdings ist das ein reines Steckenpferd von mir. Special für Trainer: Verwenden Sie gerne meine Seminarübungen! Ein Hinweis auf mich als Urheber freut mich. Copyright auf alle Blogs beachten!

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