Donnerstag, 10. Dezember 2009

Man kann nicht nicht kommunizieren

Paul Watzlawick bezeichnet Kommunikation als „Verhalten“. Kommunikation ist das Verhalten von zwei Lebewesen zueinander. Da wir als Menschen miteinander leben (müssen), müssen wir uns auch zueinander verhalten. Wir können uns diesem Verhalten nicht entziehen, wir können uns davor nicht verstecken, wir müssen miteinander kommunizieren. Watzlawick nennt das: „Wir können nicht nicht kommunizieren“.

Was heißt das genau:
Jeder von uns hat schon einmal jemanden während eines Gespräches eine Frage gestellt in der Erwartung eine schnelle Antwort zu bekommen. Stattdessen hat er einen stummen Blick geerntet. Doch so stumm war der Blick möglicherweise gar nicht. Er war vielleicht sogar sehr vielsagend. Er barg unter Umständen Interpretationsmöglichkeiten, die viel eindeutiger schienen als eine verbale Antwort. Lassen sie mich dieses Beispiel noch genauer ausführen:
Person A sitzt Person B beim Mittagstisch gegenüber. Beide arbeiten zusammen in einer Firma. Sie sprechen vorerst über das Wetter. Danach wird über die Qualität des Essens gesprochen, bis sich das Gespräch auf die Arbeit erweitert.
Person A fragt: Was denkst Du eigentlich über meine Arbeitsqualität? Wie mache ich meine Arbeit in Deinen Augen?
Person B: blickt Person a schweigend an. Dies dauert etwa 3 Sekunden. Danach beginnt B zögerlich: Du fragst, wie ich Deine Arbeitsqualität einschätze...? Also,...wir arbeiten ja noch nicht so lange zusammen,...

Der Verlauf des weiteren Gesprächs ist für unsere Zwecke nicht mehr wichtig. Wichtig ist das, was in diesen drei Sekunden in der Vorstellung A´s passierte:
Unser Gehirn wartet nicht erst auf verbale Botschaften. Verbale Botschaften haben für unser Gehirn vorerst noch einen geringen Informationsgehalt, da diese erst entschlüsselt und geordnet werden müssen. Viel bedeutsamer sind Botschaften, die als nonverbale Signale an uns gesendet werden. Dies sogenannten analogen Botschaften haben einen hohen, individuellen selbsterklärenden Informationsgehalt, obwohl kein einziges gesprochenes Wort dabei ist. Wir kennen sie unter den Namen Mimik und Gestik, Verhalten oder Habitus.

In unserem Beispiel stellen wir uns nun B´s analoge, nonverbale Antwort auf A´s Frage nun als zweifelnden Blick vor. Dieser zweifelnde Blick könnte bei A Unsicherheit auslösen. Je nach vorhandenem Selbstwertgefühl würde A durch B´s Anwort mehr oder weniger verunsichert werden. Dies ist nicht verwunderlich, zudem A um eine Diagnose, um eine Beurteilung gebeten hat. Ein Urteil macht abhängig vom Beurteilenden. Es kann in den Augen des Beurteilten positiv bis negativ ausfallen.
Nun könnte man einwerfen, dass dies nur eine mögliche Interpretation von B´s Blick ist. B hat vielleicht gar keine zweiflerischen Absichten gehabt. Er hat möglicherweise nur nachgedacht, um eine geeignete Antwort zu finden.
Das ist richtig. Rein digital betrachtet wäre diese Situation solcherart einzustufen. Dennoch ergibt sich auch bei den Diszipliniertesten unter uns ein Problem: Unser Gehirn sucht ständig nach Interpretationen von Botschaften. Es versucht uns weiter zu helfen, indem Botschaften mit unseren Erfahrungen gekoppelt werden, damit wir Entscheidungen treffen können. Diese hervorragende Eigenschaft unseres Gehirns ist nicht einfach zu verhindern. Es geschieht einfach. Ob wir wollen, oder nicht. Wir können die angebotenen Interpretationsmöglichkeiten nach Erhalt jedoch verwerfen, adaptieren oder relativieren. Dies ist mit einer Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit den erhaltenen Botschaften verbunden und kann mithilfe des Senders von Botschaften erfolgen (Person B) oder, indem wir diese Erfahrung mit anderen teilen, oder aber, indem wir nochmals gründlich über den Zutreffungsgrad nachdenken. Die Kommunikation wird mit Schweigen jedoch nicht aufgehalten oder verhindert. Sie geht voran. Nur nicht verbal.

Freitag, 13. November 2009

Der Hausverstand

Der Hausverstand gilt für viele Menschen als höchstes psychologisches Niveau um Phänomene erklärbar zu machen. Er hat einen unschlagbaren Vorteil: Er läßt Dinge unerklärbar, die um uns passieren und nimmt uns die Mühe des genauen Nachdenkens, indem er sagt: Was Du verstehen kannst ist richtig, was Du nicht verstehen kannst, ist falsch. Die Werbeindustrie in Österreich hat den Hausverstand längst für sich entdeckt: Billa, sagt er, weils billiger ist, eh klar. Geiz ist geil, sagt er. Und wer das nicht kapiert ist ein Blödmann! Billig ist richtig, teuer ist falsch. Daher ist es richtig, pestizidverseuchte Lebensmittel von Konzernen zu kaufen, deren ErntearbeiterInnen ausgebeutet werden. Es gilt innerhalb der Intelligenzdimension des Hausverstandes als überdurchschnittlich intelligent, wer billige (heißt jetzt günstig!) technische Geräte kauft, zu deren Herstellung die dritte Welt ausgebeutet wird.
Eine weitere Spielwiese für den Hausverstand: (Sozial)Psychologische Vorgänge lassen sich damit wunderbar diagnostizieren. Beispiele gefällig: "Wer aus einem armen Kriegsland kommt, ist selber schuld." Damit wird die Asylfrage beantwortet. "Wer süchtig ist, soll aufhören." Damit beantwortet der Hausverstand die Suchtproblematik (Die Aussage finde ich besonders spaßig, wenn sie von RaucherInnen formuliert wurde, die ihre Meinung zum Thema Suchtbehandlung abgeben. Auf das eigene Rauchverhalten angesprochen kommt meist: "Ich bin GenußraucherIn, ich kann aufhören, wenn ich will, aber ich will nicht." Naja...). Eine tolle Eigenschaft des Hausverstands ist, dass in seiner Logik eine wunderbare "Law and Order" Politik sitzt, die uns vorgaukelt, dass alles nur raus muss (AusländerInnen) oder rein muss (StraftäterInnen) oder weg muss (störende SchülerInnen), damit es uns gut geht.
Der Hausverstand gibt allen Menschen die Möglichkeit, im psychologischen Themenkreis mitreden zu können, ohne dass sie sich damit ernsthaft auseinandersetzen müssen. Das ist fatal. Kein verantwortungsvoller Mensch würde auf die Idee kommen, ernsthafte Reparaturen an Autos durchzuführen, ohne sich mit Mechanik auseinandergesetzt zu haben. Es muss hier gesagt werden: Psychologie fängt da an, wo der Hausverstand endet!

Dienstag, 3. November 2009

Möglichkeiten des konstruktiven Umgangs mit dem „doppelten Mandat“

Hiltrud von Spiegel spricht in diesem Zusammenhang in Anlehnung an White von „Handlungsspielräumen, die durch eine „technische Autonomie“ genutzt werden können, obwohl sich das „doppelte Mandat“ zur Sozialen Arbeit stets dazu gesellt . Diese „technische Autonomie“ wäre in der Aufteilung des doppelten Mandats in zwei Mandate, nämlich in Hilfe und in Kontrolle durch die Jugendwohlfahrt (Kinder und Jugendhilfe) möglich, wenn sich Jugendamt und KooperationsparnterIn diese Mandate während einer Kooperation selbst konsequent zuordnen. Etwa in einer Aufteilung von Handlungsaufträgen. Unter reflektierten professionsgeleiteten Bedingungen würde etwa die dann im Rahmen der Jugendwohlfahrt notwendige soziale Kontrolle von AdressatInnen durch SozialarbeiterInnen der Jugendämter geschehen müssen, die veränderungsorientierte Beratung durch die KooperationspartnerInnen. Silvia Staub – Bernasconi fordert zudem die Erweiterung des doppelten Mandats um ein drittes, selbstbestimmtes Mandat. Dieses Mandat setzt sich aus Folgendem zusammen:
1. inter - und transdisziplinären wissenschaftsbegründeten Arbeitsweisen und Methoden
2. einer ethischen Basis
3. einer menschenrechtlichen Perspektive.

Dieses dritte Mandat würde SozialarbeiterInnen der Jugendämter und ihre KooperationspartnerInnen wieder stärker verbinden, da nicht nur die beiden Mandate Hilfe und Kontrolle im Zentrum von fachlichen Diskursen stehen, denn zusätzlich wäre ein selbstbestimmtes, also von der Profession Sozialarbeit entwickeltes Mandat vorhanden.

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Dieser Blog stellt Wissen und Gedanken zur zwischenmenschlichen Kommunikation und zum Leben zur Verfügung. Ich bewerte auch Seminarhotels, deren Gast ich als Trainer war. Restaurants sind auch dabei, allerdings ist das ein reines Steckenpferd von mir. Special für Trainer: Verwenden Sie gerne meine Seminarübungen! Ein Hinweis auf mich als Urheber freut mich. Copyright auf alle Blogs beachten!

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